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Saale-Unstrut: Der Wandel von der Kohle zum Wein

Gigantische Schaufelradbagger holten im Geiseltal zwischen Leipzig und Weimar über 1,4 Milliarden Tonnen Braunkohle aus der Erde. Heute glitzert hier Deutschlands größter künstlicher See. Auf der ehemaligen Abraumhalde erntet ein Winzer sogar edle Trauben.

Fast 300 Jahre lang prägte der Kohlebergbau das Geiseltal. Tausende fanden Arbeit im Bergbau oder in den sich ansiedelnden großen Chemiebetrieben. Aber 12.500 Menschen verloren auch ihre Heimat, 16 Orte verschwanden. 1993 fuhr der letzte Kohlezug ab. Damit begann der Strukturwandel in der Region. Die Tagebaurestlöcher wurden geflutet. Es entstand der 18 Quadratkilometer große Geiseltalsee, der heute Teil der bedeutenden Wein- und Kulturlandschaft Saale-Unstrut ist.

Der See ist ein Paradies für Wassersportler, Wanderer und Radfahrer, aber auch für Tiere und Pflanzen. Die für die Rekultivierung verantwortliche Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft pflanzte Bäume und Sträucher. Jahrelang durfte sich die Natur fast unberührt entwickeln. Heute stehen große Flächen unter Naturschutz.

In den Steinen der Uferbefestigungen und in den Feuchtbiotopen haben sich Reptilien und Amphibien ein Zuhause eingerichtet. Mehr als 220 Vogelarten, darunter der Bienenfresser und der Rotmilan, wurden gezählt. Hinzu kommen 120 Wildbienen- und 30 Libellenarten. Die steppenähnlichen Trockengebiete sind zudem Lebensraum für Wildpflanzen. Ein Dutzend Orchideenarten wachsen hier, auch Sanddorn ist anzutreffen. Regelmäßig starten geführte Exkursionen und Wanderungen in das Naturparadies.

Weinbau auf der Abraumhalde

Mittendrin in dieser Oase betreibt Winzer Lars Reifert Weinbau. Im Jahr 1997, als seinem Vater Rolf, Agraringenieur und Hobbywinzer, die Idee zum Weinberg im ehemaligen Braunkohletagebau kam, erschien das Vorhaben tollkühn. Von einem See war damals noch nichts zu sehen, stattdessen nur graubraune Mondlandschaft, soweit das Auge reicht. Die Rekultivierungsarbeiten hatten gerade erst begonnen.

Doch Rolf Reifert warf einen Blick in die Profilierungsstudie und erkannte, dass dort eine ideale Weinlage entstehen würde. Mit einem Südhang von 30 % Neigung und dem Geiseltalsee, der die Sonnenwärme tagsüber speichert und nachts an die Trauben abgibt. „Wir haben keinen Frost, durchschnittlich zwei Sonnenstunden täglich mehr als im Unstruttal und auch die Durchschnittstemperatur ist zwei Grad höher“, erklärt Lars Reifert.

Die ersten Reben pflanzte die Winzerfamilie im Jahr 2000, 2008 erhielt sie einen Zukunftspreis. Die Qualität ihrer Weine ist wegen des Mikroklimas am See gleichbleibend gut. Da sie im Naturschutzgebiet anbauen, sind Dünger tabu. Deshalb muss der Boden jedes Jahr aufwendig bearbeitet werden. Der Weinberg gehört zur höchsten Form der Rekultivierung ehemaliger Tagebaugelände und war der erste seiner Art in Deutschland.

Der Weinberg „Goldener Steiger“, der 2020 vom Deutschen Weininstitut mit der schönsten Weinsicht im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut geehrt wurde, liegt direkt am 28 Kilometer langen Geiseltalsee-Rundweg. Von Mai bis September schenkt Lars Reifert mit seinem Team hier oben in seiner Straußwirtschaft bei bestem Panoramablick unter anderem Weißburgunder, Spätburgunder und Traminer aus. Der „Goldene Steiger“, ein fruchtiger Müller-Thurgau, ist bei Gästen besonders beliebt.

Quelle: Saale-Unstrut-Tourismus

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