(hotel-standby) Im Zentrum der Macht. Einst stand dort die Stammburg der Staufer, von der kaum Ruinen geblieben sind. Der Blick vom Hohenstaufen reicht weit über die Schwäbische Alb und den Landkreis Göppingen. Wie Inseln erheben sich zwei weitere kegelförmige Berge aus der in der Sonne flimmernden Landschaft: Rechberg und Stuifen. Der Hohenstaufen ist der bekannteste der drei sogenannten Kaiserberge. Von seinem Gipfel hat man einen grandiosen Blick auf die beiden anderen. Der Alltag scheint dort oben weit weg, man fühlt sich etwas entrückt und unantastbar. Vielleicht haben sich die Staufer nicht zuletzt auch deshalb diesen Ort als Sitz ausgesucht.
Jedenfalls liegt einem eine Welt voller Weitblick und symmetrischer Spielereien zu Füßen, wenn man die Staufer-Runde geht und den Hohenstaufen besteigt. Manche, wie die kegelförmigen Zeugenberge, hat die Natur durch Erosion geformt. Bei anderen hatten die Menschen – genauer: die Staufer – ihre Hand im Spiel. Zu Füßen des Bergs liegt nämlich auch die kleine, trutzige Burg Wäscherschloss, die einst wohl auch den Staufern gehörte. Wie eine Spielzeug-Burg sieht der mittelalterliche Wehrbau aus – und er wirkt recht phantasievoll, denn der Innenhof hat die Form eines Trapezes. Zufall?
Herzlich willkommen in der Welt der Staufer, dessen wichtigster Spross – Kaiser Barbarossa – dieses Jahr seinen 900. Geburtstag feiert. Die Staufer waren, verkürzt ausgedrückt, das mächtige, schwäbische Adelsgeschlecht, das in kurzer Zeit in der Mitte des 12. Jahrhunderts den Gipfel der Macht in Europa erklomm und mehrere römisch-deutsche Kaiser stellte. Und das ebenso schnell hundert Jahre später wieder von der Weltbühne der Geschichte verschwand. Auf der Alb liegt sein Ursprung. Bei einer Wanderung auf dem Pfad der gut elf Kilometer langen Staufer-Runde kann man daher nicht nur die Kulturlandschaft der Schwäbischen Alb genießen, sondern auch eine kleine, aber spannende Zeitreise unternehmen.
Die Tour startet bei der Burg Wäscherschloss in Wäschenbeuren, führt zunächst durch das wildromantische Beutental und später auf einem sonnigen Pfad über das Naturschutzgebiet Spielburg hinauf zum Hohenstaufen. Von dort geht’s bergab zurück.
Wer vor dem Start schon einmal eintauchen möchte in die Zeit der Staufer, besucht Burg Wäscherschloss und die dortige Burgverwalterin Krisztina Mutter, die mit Gästen gerne über die Alltagskultur in der damaligen Zeit plaudert: welche Getreide angebaut wurden, was man gegessen und wie man geschlafen hat. Zehn Meter ist die aus Buckelquadern errichtete Mauer um das Gebäude hoch. Die aus den Jahren ab 1220 stammende Burg war Teil der vorgelagerten Befestigung des Hohenstaufen.
Von dort überblickte man die Stammburg auf dem Berg und etwaige Eindringlinge. Das Innere des Palas hingegen ist erstaunlich wohlig und wohnlich: Man tritt im ersten Stockwerk in einen Saal mit großem Kamin und Bleiglasfenstern und erwartet, dass jeden Moment der Burgherr erscheint und zu Tisch bittet – auf einer langen Holztafel stehen täuschend echte mittelalterliche Speisen: Obst, Fleisch, Getreidebreie. Oben, aus dem später entstandenen Saal im zweiten Stock, kann man bis zum Hohenstaufen schauen.
Die Geschichte der Staufer ist übrigens weitgehend eine Geschichte von Männern namens Friedrich: Als Stammvater der Staufer gilt ein gewisser Friedrich von Beuren, interessant wird es aber erst bei seinem Sohn: Dieser Friedrich durfte die Kaisertochter Agnes heiraten und wurde zum Herzog ernannt, weil er Heinrich IV. im Jahr 1077 auf seinem Gang nach Canossa begleitet hatte. Er errichtete die Burg auf dem Hohenstaufen, sein Sohn wurde als Konrad III. erster deutscher Stauferkönig. Bis heute einen wirklich klangvollen Namen hat Konrads Neffe, ein weiterer Friedrich, nämlich Friedrich I. Der wurde als Kaiser Barbarossa nicht nur weltberühmt, sondern gleich auch sagenumwoben.
Er ertrank bei einem Kreuzzug fern der Heimat. Bis heute rätselt man, wo er begraben liegt. So konnte der Mythos entstehen, dass der Kaiser noch lebe und zurückkehren werde. Wie dem auch sei, Barbarossa dehnte zu Lebzeiten den Machtbereich der Staufer weit aus: Sein Enkel, Friedrich II., der in Sizilien aufgewachsen und hochgebildet war, regierte über ein Reich, das sich von Süditalien bis nach Dänemark erstreckte. Mit dem Castel del Monte in Apulien ließ der Barbarossa-Enkel auch eines der rätselhaftesten Bauwerke seiner Zeit errichten, eine Burg, die den Grundriss eines Oktogons hat und voller symbolischer Anspielungen steckt – mit besonderen Symmetrien und astronomischen Daten hatten die Staufer es damals.
Der Tod dieses Friedrich II. 1250 markiert aber auch den Anfang vom Ende der mächtigen Staufer. Die Einzelheiten der Geschehnisse in dieser Zeit sind kompliziert, kurz gefasst mussten die Staufer sich gegen die Konkurrenz der Welfen wehren, und sie trugen Kämpfe mit dem Papst aus. Die schwäbischen Adelsleute schafften in dieser Zeit aber nicht nur den rasanten Aufstieg zur Macht, sie prägten das damalige Europa auch entscheidend mit: Kaiser Barbarossa und sein Enkel Friedrich II. gründeten Universitäten und Städte, schufen ein neues Rechtssystem und förderten die höfische Kultur.
Im eindrucksvollen Kloster Lorch, das die Staufer ebenfalls erbauten. Dort liegen wichtige Familienmitglieder der Staufer begraben. Wanderer und Besucher können sich im Kloster Lorsch die Abenteuer der Staufer bildhaft vergegenwärtigen. Zum Beispiel auf einem riesigen modernen Rundgemälde des vor wenigen Jahren verstorbenen Künstlers Hans Kloss. Auch die 15 Löwenpfade in der Region ermöglichen es Wanderinnen, das Stauferland und seine Landschaften kennenzulernen. Das Zeichen dieser Löwenpfade, ein stilisierter Löwenkopf mit grüner Mähne auf weißem Quadrat, begegnet Wanderern unterwegs immer wieder. So auch von Hand gemalt auf einem Steinbrocken am Fuß der Spielburg.
Die ist, anders als der Name vermuten lässt, kein Wehrbau, sondern ein riesiger Felsbrocken. Vor Millionen von Jahren war er Teil des Gipfels, brach ab und rutschte Stück für Stück den Hohenstaufen hinab, bis er zum Stillstand kam. Um den Felsen herum liegt heute ein schönes Naturschutzgebiet. Lilafarbener Salbei und Kornblumen tüpfeln die Wiesen. Knorrige Bäume spenden Schatten und die Luft sirrt vor Insekten und vor Hitze. Ein flacher Spazierweg führt zum Gipfelkreuz hinauf und endet vor einem Felsvorsprung. Von hier aus kann man auf steilen Wegen entlang des Bergsturzes hinabkraxeln oder auf einer Bank beim Ausblick auf Göppingen Kraft für den Aufstieg auf den Hohenstaufen sammeln.
Bis dorthin ist es nicht mehr weit, und der Weg ist abwechslungsreich. Mal verläuft er flach und parallel zum Berg, mal schlängelt er sich steil hinauf. Unterwegs wird es stiller, kühler, grüner. Unverhofft tritt man am Ende auf die Lichtung am Gipfel. Fast wirkt es so, als habe man sich mit jedem Schritt ein Stück von der realen Welt am Fuß des Berges entfernt.
Oben jedoch ist was los: Eine Wanderstaufergruppe steht an einer fast drei Meter hohen Stauferstele aus Marmor, die es mittlerweile an vielen Stauferorten gibt. Vor den Ruinen der Stauferburg gibt sich ein Paar das Ja-Wort, und vom Gasthaus „himmel & erde“ weht Maultaschen-Duft herüber. Wir stehen abseits, genießen den Ausblick auf Rechberg und Stuifen. Sie sind, wie der Hohenstaufen, Zeugenberge der Schwäbischen Alb. Zeugenberge nennt man in der Geologie durch Erosion abgetrennte Teile eines Gebirges. Aber auch der wörtliche Sinn passt. Wurden diese drei Berge doch Zeugen einer Geschichte, die uns bis heute fasziniert.
Quelle: Tourismus Marketing, 02.05.2022
Bilder: TMBW / Gregor Lengler
Teilen :